Český a slovenský zahraniční časopis  
     
 

Říjen 2010


Der CDU droht der Verlust an Profil und Identität

Konrad Badenheuer

„Respekt für den Mut von Erika Steinbach“ hat der Sprecher der Landsmannschaft Ostpreußen, Wilhelm v. Gottberg, bekundet. Frau Steinbach hatte in der Sitzung der CDU/CSU-Bundestagsfraktion am 8. September 2010 Kulturstaatsminister Bernd Neumann dafür kritisiert, dass er sich von den von der politischen Linken angegriffenen BdV-Vertretern im Stiftungsrat des in Berlin geplanten Zentrums gegen Vertreibungen Hartmut Saenger und Arnold Tölg distanziert hatte, statt sich mit ihnen zu solidarisieren. Außerdem hatte sie die Haltung ihrer Partei im Streit um Thilo Sarrazin als „grottenverkehrt“ bezeichnet.

Tatsächlich stehen die Sachargumente in beiden Debatten klar auf Seiten Steinbachs:

Die Teilmobilisierung Polens am 26. März 1939 ist eine historische Tatsache. Dieser Akt der Kriegsvorbereitung ändert zwar nichts am Faktum des deutschen Angriffs auf Polen am 1. September 1939. Allerdings kommen weitere gravierende historische Fakten hinzu, die in der heutigen politischen Diskussion meist unterschlagen werden, obwohl sie eine differenziertere Sicht der Ursachen des Zweiten Weltkriegs nahelegen.

Zu diesen Fakten gehört der Umstand, dass Polen nach 1918 sowohl gegenüber Deutschland als auch gegenüber Russland bzw. der Sowjetunion auch mit kriegerischen Mitteln eine in hohem Maße expansionistische Politik betrieb und dass es seine Minderheiten – einschließlich der jüdischen – massiv drangsalierte. Die Zahl der Deutschen in Polen hat sich allein zwischen Ende 1918 und 1924 von knapp 2,4 Millionen auf etwa 1,2 Millionen halbiert. Die Verdrängung und Assimilierung der Deutschen in Polen ging bis 1939 weiter.

Auch dass Polen bereits seit Józef Piłsudskis Maiputsch von 1926 keine Demokratie mehr war, ist in Deutschland vielfach in Vergessenheit geraten.

Schließlich mahnt auch der am 23. August 1939 geschlossene Hitler-Stalin-Pakt und der sowjetische Einmarsch im (allerdings mehrheitlich von Weißrussen und Ukrainern besiedelten) Osten Polens ab dem 17. September 1939 zu einer differenzierten Sicht der Vorgeschichte des II. Weltkrieges – um nur ein weiteres, gravierendes Faktum zu nennen.

Alle diese Tatsachen bzw. Missstände sind umfassend belegt. Es ist vor diesem Hintergrund befremdlich, dass der stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion Andreas Schockenhoff mit den Worten „Eine solche Meinung hat in der Fraktion und der Partei keinen Platz“ (= Erinnerung an die polnische Mobilisierung vom März 1939), ziemlich offen den Ausschluss von Erika Steinbach aus der Union gefordert hat.

Sollte die CDU ihre Haltung zu Erika Steinbach aufrechterhalten, so wäre dies eine Absage an Positionen, die in der CDU bis vor kurzer Zeit zumindest noch eine politische Heimat hatten, wenn nicht sogar Mehrheitsmeinung waren. Der Partei droht in diesem Falle mehr als nur ein Profilverlust, ihr droht der Verlust eines Teils ihrer Identität.

(Preußische Allgemeine Zeitung)



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