Červen 2011 Der tschechische Staat steht auf verlogenen StaatsdoktrinenTomáš KrystlíkEinige davon sind bekannt, diese werden wir vollständigkeitshalber nur kurz erwähnen. Die unbekannten bzw. weniger bekannten wollen wir detaillierter erklären. Eine Ausnahme ist der nationale Mythos über die Ära nach der Schlacht am Weißen Berg, den der Staat als Doktrin übernahm. Davon zeugt seine Projektion in die Begründung der ersten Landreform, indem die nationale Verungünstigung als Kompensation für das angebliche Leid der Tschechen nach Weißen Berg dargestellt wurde. Ferner die Behauptung, dass im Jahre 1938 die Tschechen aus dem Sudetenland vertrieben worden seien, die der tschechoslowakische Staat trotz ihrer offensichtlichen Unwahrheit übernahm (und unterstützte mit einer unwahren Zahl von 800 000 Flüchtlingen aus dem abgetretenen Gebiet bis zum 12. 10. 1938), bis sie zum nationalen Mythos wurde. Hier handelt es sich primär um unwahre Doktrinen, die zweckgerichtet falsch dargestellt wurden und zu nationalen Mythen transformiert wurden. Der Tschechische Staat, der 1918 gegründet wurde – seien wir nicht naiv, es war ein Staat für die Tschechen, in dem die Minderheiten, einschließlich die Slowaken, nur geduldet waren – legte sich gleich zwei Mythen in die Wiege. Nämlich dass die Tschechen unter der Habsburger Herrschaft litten, besonders nach der Schlacht am Weißen Berg und, dass die Legionen und Exulanten im ersten Weltkrieg für die tschechische Freiheit kämpften. Nein, sie litten nicht, vielmehr blühte die tschechische Kultur unter den Habsburgern stark auf und die Sprache überlebte dank der von den Tschechen so gehassten Jesuiten. Sie wurde erst später unbrauchbar, was ausschließlich auf das tschechische Konto geht. Hätten tschechische Stände die Habsburger besiegt, wäre die tschechische Sprache wegen der vielen deutsch predigenden Pfaffen innerhalb von drei Generationen ganz sicher verschwunden. In der Österreichisch-Ungarischen Monarchie waren die Tschechen frei; anderweitige Behauptungen sind nationalistische Lügen. Die Legionen kämpften für die Unabhängigkeit des tschechischen Staates. Masaryk, Beneš und Štefánik gebrauchten weitläufige Journalisten-Bestechungen und ihren Einfluss hinter den politischen Kulissen, um zu bewirken, dass kein Friedensabkommen unterzeichnet würde, bevor sie das Unabhängigkeitsversprechen in der Tasche hatten. Dies gelang ihnen erst am 3. 9. 1918. Sie tragen also Mitschuld daran, dass nur der tschechischen Unabhängigkeit wegen Millionen umsonst starben. Kommen wir nun zu den Lügendoktrinen, auf denen der Staat nach dem 2. Weltkrieg steht. 1. Die Mehrheit der Sudetendeutschen wollte eine Abspaltung von der CSR und den Anschluss an Deutschland. 2. Aus dem an Deutschland abgetretenen Gebiet wurden Tschechen verjagt. 3. Die Deutschen wollten die Tschechen zum Teil liquidieren, zu anderen Teil nach Osten aussiedeln. 4. Die Kontinuität der Präsidentschaft Beneš und der tschechoslowakischen Staatsmacht.. Die Abspalltung von der ČSR Bis heute belegt kein einziges Dokument vom 12. 9. 1938 (Hitlers Ansprache auf dem Parteitag in Nürnberg) einen Plan der Abspaltung. K. H. Frank sagte nach dem Krieg, dass bis zu diesem Datum niemand aus der SdP-Leitung an eine andere Lösung des Sudetenproblems dachte, als die Autonomie. Die SdP-Leitung plante keinen Anschluss. Es ist belegt, dass im August oder September 1938 Henlein zu seiner Frau sagte: „Ich weiß selber nicht, ob uns Hitler hilft... die Autonomie zu erreichen oder ob er militärisch das Grenzgebiet besetzt.“ Außer einem Brief vom November 1937 von Henlein an Hitler existiert kein Dokument und keine Aussage, welches nur andeutungsweise belegen würden, dass Henlein einen Anschluss anstrebte oder damit rechnete. Nach den Historikern Stanislav Biman und Jaroslav Malíř war Henlein erst durch die Annahme des britisch-französischen Ultimatums seitens der tschechischen Regierung am 21. 9. 1938 (die Abtretung der Bezirke mit mehr als 50 % deutscher Bevölkerung an Deutschland) davon überzeugt, dass es zum Anschluss an das Reich kommen würde. Mit den Vorbereitungsarbeiten begann er erst am 22. 9. Ein einziges, auf den ersten Blick vages Dokument, das die Vorbereitung der SdP zur Abspaltung scheinbar belegt, ist die sogenannte Grundplanung O. A. Was das O. A. bedeutet, weiß bis heute niemand. Das maschinengeschriebene Memorandum, ohne Datum und ohne Unterschrift, wurde nach Ralf Gebel in Henleins Büro in Asch gefunden, nach anderen Angaben Ende Mai 1945 am Schloss Sukorad (Sukorady) unter den Dokumenten des Gaustatthalters in Reichenberg. Sie wurden zum Schutz vor den Luftangriffen hierher verlegt. Tschechische Historiker datieren das Memorandum zwischen Mai und August 1938. Sein Text soll die Bestrebungen der Deutschen um die Herrschaft in den tschechischen Ländern und ihre Absicht, die tschechische Nation zu liquidieren, belegen. Sehr merkwürdig ist es, dass dieses Memorandum sonst nirgendwo erwähnt wird und keine Hinweise in anderen Dokumenten existieren. Im Deutschen Außenministerium, wo gesetzmäßig alle sudetendeutschen Dokumente aufbewahrt werden, gibt es dieses Memorandum nicht. Nach dem Krieg wurde es als Beweismaterial in den Prozessen mit H. Krebs und K. H. Frank benutzt (sein Grundinhalt wurde 1947 in dem Buch „Die Tschechische Nation richtet K. H. Frank“ abgedruckt) und zum ersten Mal fast vollständig von dem kommunistischen Historiker Václav Král Anfang der sechziger Jahre veröffentlicht. Im Internet kann man eine Fotokopie des angeblichen Originals in Deutsch sowie eine tschechische Übersetzung finden. Unterziehen wir den Text und die Begleitumstände einer Überprüfung, tauchen grundsätzliche Unstimmigkeiten auf. Das Dokument wurde in einer Zeit gefunden, als man alles Deutschgeschriebene herauspickte, aus dem Fenster warf und verbrannte. Warum nahm in einer Zeit als gerade die Dokumente der Sudetendeutschen fast restlos vernichtet wurden ausgerechnet dieser Text keinen Schaden? Warum wurde er in der Zeit gefunden, als der tschechische Staat mit der Vertreibung der Deutschen die Hände voll zu tun hatte? Verdächtig ist auch, dass das Memorandum nicht als antideutsche Nachkriegspropaganda verwendet wurde und bis zum Ende des 20. Jahrhunderts nicht vollständig veröffentlicht wurde. Der Satz: „Der rechte Brückenkopf von Preßburg fällt dem Deutschen Reich zu“ deutet darauf hin, dass der Text nach dem Anschluss Österreichs im März 1938 entstand. Dagegen spricht aber der Satz: „Beneš muss man mittels seiner inneren politischen Gegnern, wie z. B. Kramář, bekämpfen.“ (dieser Satz wurde von Král aus der Veröffentlichung herausgenommen), weil Kramář zu der Zeit schon länger tot war. Ferner werden im Memorandum Sachen vorgeschlagen, die ein paar Monate später im krassen Widerspruch zur Meinung der SdP-Leitung (bereits in die NSDAP eingegliedert) stehen, z. B. der Anschluss der mährisch-schlesischen Gebiete an Schlesien („es wäre offensichtlich nützlich Jägerndorf und Troppau, einschließlich Hultschin, in den Schlesischen Bund wieder einzugliedern“), empfohlene Ehen zwischen Tschechen und Deutschen („die Ehen von Deutschen und Tschechen sollen nicht gehindert werden“). Dies widersprach diametral den Maßnahmen und Plänen zur Assimilation der Abteilung für das tschechische und deutsche Element in Sudetenland, die Henlein und die NSDAP-Leitung empfahlen. Bei näherer Untersuchung der Kopien des angeblich deutschen Originals fallen noch andere Sachen auf. Mit einem Blick erkennt man, dass das Dokument mit einer tschechischen Schreibmaschine geschrieben wurde, ß wurde grundsätzlich als ss geschrieben (bei der tschechischen Tastatur fehlt ß). Es ist undenkbar, dass die Sekretärin in nachvollziehbarer Weise auf der deutschen Schreibmaschine alle ß in ss änderte. Ich kann mir keinen Deutschen vorstellen, der statt ß ss schreiben würde, wenn er diesen Buchstaben auf der Tastatur hat. Die Tschechen sind hingegen gewohnt, ß als ss zu schreiben. Rekapitulieren wir: Das Memorandum Grundplanung O. A. ist weder datiert, noch unterschrieben. Es hat findet keine Erwähnung in anderen Dokumenten. Sein Original ist nicht auffindbar. Das Archiv MV ČR legte dem deutschen Historiker Ralf Gebel kein Original, sondern nur Kopien vor, die erst vor Kurzem gemacht wurden. Seine Aussagekraft ist also schwindend. Es wäre völlig falsch dieses als SdP-Aktionsprogramm zu bezeichnen. Was folgt daraus? Die Grundplanung O. A. ist höchstwahrscheinlich eine tschechische Fälschung. Auch Hubert Ripka (später deutschfeindlicher, unkritischer Anhänger), der bereits 1939 ein Buch herausgab, „Munich: Before and After“, Victor Gollanz, Left Book Club, London, Not for sale to the public, kommt mit seinem Zeugnis, in welchem er die Situation und die Ansichten der Sudetendeutschen im Zusammenhang mit dem Geschehen vor dem Münchner Abkommen beschreibt. Zum sudetendeutschen Aufstand, der nach Hitlers Nürnberger Rede stattfinden sollte, schrieb er am 12. 9. 1938: „Ich möchte die Tatsache hervorheben, dass sich der Aufstand, obwohl er gemäß der Hetzer allgemein stattfinden sollte, sich nicht in allen Sudetengebiete ausbreitete. Ein großer Teil des Landes blieb ganz untätig und in einigen Orten wurden Henleins Terroragitatoren durch die eigenen Mitglieder Henleins SdP verjagt... Die Mehrheit der Sudetendeutschen sympathisierte nicht. mit dem revolutionären Nationalsozialismus... Die antinazistischen Elemente machten mindestens ein Drittel der Sudetendeutschen aus... Wäre es wahr, dass die Mehrheit der Sudetendeutschen Hitler, vertreten durch die Person Henleins, für ihren wirklichen Führer gehalten hätte, hätten sie vermutlich eifrig die Gelegenheit ergriffen, das tschechische Joch abzuwerfen. In Wirklichkeit war es aber nur eine Minderheit, überwiegend unerfahrene Jugendliche, die Begeisterung zeigte für den pangermanischen Slogan ,ein Volk, ein Reich, ein Führer´... Ich kann nicht genug betonen, dass der Anschluss an das Reich nicht die Willensbekundung der sudetendeutschen Mehrheit war. Diese Forderung wurde von einer kleinen Gruppe pangermanischer Extremisten erhoben, die eng mit Hitlers politischem Stab zusammenarbeitete und seine Instruktionen befolgte... Als der Aufstand unterdrückt wurde (der Versuch der Unruhen fand am 13. und 14. 9. 1938 statt), wurde er zum Gegenstand der Kritik bedeutender Mitglieder der SdP... Obwohl Henlein im Rundfunk verkündete, dass jeder Sudetendeutsche, der die tschechoslowakische Mobilmachung befolge, ein Hochverräter der deutschen Nation sei, zeigte seine Drohung keine große Wirkung bei der Sudetenbevölkerung. Bis auf wenige Ausnahmen befolgten die Sudetendeutschen ohne zu zögern den Mobilmachungsbefehl.“ Die von Ripka veröffentlichen Fakten passten der tschechoslowakischen Propaganda schon während des Krieges nicht, und noch weniger danach. Warum? Beneš musste in London den Anspruch auf Erneuerung der ČSR in den ursprünglichen Grenzen irgendwie begründen. Das funktionierte am wenigsten mit der Unterstellung eines Verrats des tschechoslowakischen Staates durch die Sudetendeutschen. Nach Stanislav Berton, der Karel Locher zitiert, durchsuchten die Männer von František Moravec die Bibliotheken Londons, stahlen Ripkas Buch und vernichteten es. Ripka war sehr weitsichtig, als er das Buch als unverkäuflich herausgab. Moravec-Leute konnten die Herausgabe nicht kaufen und vernichten. Aus verständlichen Motiven wurde das Buch nie in die tschechische Sprache übersetzt. Die Tschechoslowakei verbreitete in der ganzen Welt die Lüge von den sudetendeutschen Staatsbrechern und sie wurde so zur Doktrine der Nachkriegs-ČSR. Die Ausweisung aus dem Sudetenland Insoweit sind nur 40 Fälle belegt, Eisenbahner-Familien, die das Bahnkabel beschädigten, und der Fall eines kommunistischen Bürgermeisters, der von den deutschen Behörden gebeten wurde (also nicht ausgewiesen), das dem Reich zugewiesene Gebiet in Richtung Č-SR zu verlassen. Später wurden ein paar hundert Leute zum Weggang ins Protektorat gezwungen, darunter Staatsbürger, die gesetzwidrig ausgewiesen wurden. Die Begründungen sind nicht mehr auffindbar. Tschechen, die im Zuge der Tschechisierung und der dazugehörigen Maßnahmen der ersten Republik in das Grenzgebiet zugewandert waren, verließen es wieder. Ihnen war bewusst, dass, wenn sie der Staat (und die zwangstschechisierten Firmen) nicht mehr gebrauchen und unterstützen würde, sie hier nichts zu suchen hatten. Es war kein Geheimnis, dass die tschechischen Beamten und Staatsangestellten ihre Stellung verlieren werden, auch wenn es viele nicht zugaben. Der tschechische Staat evakuierte (Zeittermin) seine Angestellten und Beamten selbst, allerdings nicht alle. Auch Landwirte, die durch die nationalistische Landreform Land erhielten, wussten, dass sie ohne die Unterstützung des Staates von den deutschen Nachbarn nicht gerne auf ihren Gütern gesehen wurden. Andere, die ihre Häuser lieber präventiv verließen, waren tschechische Nationalisten, vor allem Mitglieder der Abwehrvereine, des Turnvereins Sokol und die Mehrheit der Legionäre. Die neue deutsche Staatsmacht enteignete das Vermögen der Tschechen nicht. Zum Verlust des Eigentums kam es überwiegend durch übereilte Flucht von Personen, die aufgrund ihres früheren Verhaltens (persönlichen oder aufgrund ihrer Stellung) Schikanen der Umgebung befürchteten. Die Migranten hatte die Möglichkeit, geordnet umzusiedeln, aber die Speditionsfirmen waren nicht im Stande, der Nachfrage Herr zu werden. Das mobile Eigentum konnten sie mitnehmen, das immobile konnten sie von der Č-SR aus, später aus dem Protektorat verwalten. Falls jemand seiner Verwaltungspflicht nicht nachkam, wurde eine Zwangsverwaltung angeordnet und Treuhändler ernannt. Die Erträge wurden dann den Besitzern ins Protektorat überwiesen. Mindestens über eine halbe Million Tschechen blieben freiwillig in den abgetretenen Gebieten und schätzungsweise 100 000 bis 300 000 zogen während des Krieges zu. Nach der Volkszählung von 1930 lebten in den abgetretenen Gebieten 738 164 Tschechen. 1918 waren es ungefähr 150 000, obwohl die Volkszählung von 1921 viel mehr auswies, weil die Zählungskommissare den Deutschen gegen deren Willen die tschechische Staatsangehörigkeit zuschrieb – sie hatten die Befugnis bei Unklarheiten selbst zu entscheiden. Diese Situation wird überzeugend durch die Tatsache dokumentiert, dass in den ersten Nachkriegsjahren bei den deutschen Parteien 220 000 mehr Wähler wählten, als es in der CSR Deutsche mit Wahlrecht gab. Z. B in einem Dorf bei Troppau lebten nach der Zählung sieben Deutsche, für die deutschen Parteien wurden aber 114 Stimmen abgegeben. Die Liquidierung der tschechischen Nation Die Methoden der deutschen Nationalpolitik gegenüber den Tschechen auf dem Protektoratsgebiet waren abgestuft (die gleiche Politik galt für die Tschechen im Sudetenland): Transformation der Nation durch ökonomische Vorteile, Zerstreuung im alten Reich und Umerziehung. Sie galten gleichermaßen für K. Von Neurath, K. H. Frank und R. Heydrich , auch Hitler befürwortete sie. Aus dem Memorandum K. H. Frank an Hitler vom 28. 8. 1940: „Eine totale Aussiedlung der 7,2 Millionen Tschechen betrachte ich als nicht durchführbar, weil (1) es gibt keinen Raum, wo sie angesiedelt werden könnten, (2) es gibt keine Deutschen, die den leeren Raum sofort wieder füllen könnten, (3) weil ein hochzivilisiertes, wirtschaftlich und transporttechnisch hochempfindliches Land im Herzen Europas keine Störung seiner Funktion und kein Vakuum verträgt, (4) weil die Leute das Reichskapital sind und wir im Reich auf die Arbeitskraft von 7,2 Millionen Tschechen nicht verzichten können, (5) weil die wahrscheinliche Schockwirkung auf die anderen Nationen im Südosten unerwünscht ist.“ Dazu sagte K. H. Frank nach dem Krieg vor dem tschechoslowakischen Tribunal aus: „Schon nach seiner Emigration, also noch im Jahre 1939, aber spätestens 1940, setzte Beneš von London aus Gerüchte in die Welt, wonach Adolf Hitler die Aussiedelung der Tschechen nach Sibirien plante. Der Zweck, den Beneš mit diesen Gerüchten verfolgte, war offensichtlich. Beneš verfügte über einen kleinen, aber gut funktionierenden Nachrichtendienst. Durch ihn wusste er, dass die Gestapo wusste, dass kleine tschechische chauvinistische Vereine ständig eine Aussiedlung der Sudetendeutschen thematisieren. Mit seinen Verlautbarungen über die deutschen Aussiedlungspläne wollte er der Gestapo zuvorkommen, damit diese die tschechischen Aussiedlungspläne nicht bekanntgab. Aber wahrscheinlich kamen ihm auch die Nachrichten von folgenden deutschen Plänen im Osten zu Ohren. In den Grenzämtern im Sudetengau und Niederdonau arbeitete man daran, eine Volkstumsbrücke durch Mähren zu planen, um die Reichsostgrenze im Protektorat mit Deutschen zu besiedeln. Dort, wo sich der deutsche Lebensraum von beiden Seiten näherte, also von Schönhengstgau gegen den Süden und von Südmähren gegen den Norden, sollte man den Weg der großzügigen Unterstützung der deutschen Landwirte beschreiten, die bereit waren sich dort anzusiedeln, deutsche Sprachinsel zu schaffen und mit der Gründung militärischer Übungsplätze das deutsche Element ineinanderfließen zu lassen. Die Tschechen aus Böhmen und aus Mähren wären auf diese Weise getrennt. Die Architekten dieser Pläne rechneten mit der Umsiedelung von 12 000 bis 15 000 Tschechen. Sie sollten ins Protektorat umgesiedelt werden, und zwar mit ausschließlicher Genehmigung der Protektoratsregierung. Die Verwirklichung dieser Pläne war eine Frage der fernen Zukunft und wurde mit dem Kriegsausbruch verschoben. Den genannten Grenzämtern wurde befohlen, diese Pläne nicht weiter zu entwickeln und das Kriegsresultat abzuwarten. Auch der Inhalt der Memoranda, die in Neuraths und meinem Büro ausgearbeitet und Adolf Hitler 1940 übergeben wurden, mussten Beneš in entstellter Fassung über Vermittler in London erreichen. Wie ich mich erinnere, war darin in Übereinstimmung abgedruckt worden, dass eine Aussiedelung der Tschechen nicht durchführbar sei, weil die Deutsche Nation nicht einmal zum Schein den Raum von 7 Millionen ausgesiedelten Tschechen auffüllen könne. Wenn ich mich richtig erinnere, äußerte sich Adolf Hitler zu meinem Memorandum bereits damals in dem Sinn, dass Böhmen und Mähren aus geopolitischen Motiven seit Jahrhunderten Bestandteil des Deutschen Reiches seien und sie es auch bleiben würden. Was im Raum Böhmen und Mähren geschehen wird, kann man erst nach dem Sieg sagen. Vorläufig muss die Autonomie bestehen bleiben. Er sagt ausdrücklich, eine Aussiedlung der Tschechen stehe nicht zur Debatte, weil eine Wiederbesiedlung des Raumes mit Deutschen vielleicht hunderte von Jahren dauern würde. Also blieb ihm nur noch die Assimilierung der tschechischen Nation, möglichst unter Ausschluss der Rassenunerwünschten und dem Reich feindselig gesonnenen Kräfte. Man könne es aber nicht besprechen, solange der Krieg dauere. Fast verbat er andere Lösungsmöglichkeiten der tschechischen Frage nur zu erwähnen.“ Im Protokoll zur Beratung bei Hitler vom 23. 9. 1940 steht, dass „drei Lösungsmöglichkeiten“ für die Tschechenfrage zur Disposition standen: 1. Tschechen, die im Protektorat in einem zusammenhängenden Gebiet leben wird auch in der Zukunft eine außerordentliche staatsrechtliche Stellung gewährt. Die Tschechen können unter sich selbst eine autonome Verwaltung haben und die Möglichkeit ihrer Lebensform in diesem Raum erhalten. Die Deutschen werden neben ihnen leben, selbstverständlich gleichberechtigt und als deutsche Staatsangehörige. Diese Lösung betrachtet der Führer als gefährlich, weil es durch die Berührung mit der Mentalität und dem Eigensinn der Tschechen zu weiteren aufständischen Ausbrüchen und neuen reichsfeindlichen Umtrieben kommen könnte. 2. Eine totale Aussiedlung der Tschechen aus Böhmen und Mähren in einen anderen Raum. Das kommt schon deshalb nicht in Frage, weil niemand von uns 7 Millionen Tschechen übernehmen wird. Außerdem ist augenblicklich eine Aussiedelung unerwünscht, weil wir kein Vakuum erzeugen dürfen. Wir hätten auch keine deutschen Leute, um den Raum nachzufüllen. Der Führer erwähnte die Verhältnisse in Warthegau, wo man ohne polnische Bevölkerung nicht auskommt. 3. Die Anwendung verschiedener Methoden zur Raumgermanisierung. Dies betrachtet der Führer aus historischen und rassenpolitischen Motiven für den überwiegenden Teil der tschechischen Nation als möglich, wenn gleichzeitig damit der rassenunbrauchbare und reichsfeindlich denkende Teil der Tschechen ausgeschlossen bzw. der Sonderbehandlung unterzogen würde. Dafür rechnet er mit einer Zeit von hundert (!) Jahren. Die Auswahl der Tschechen für die Assimillierung muss genau und streng erfolgen und kann nur aufgrund gewisser Richtlinien verlaufen. In einer etwas drastischeren Form skizzierte der stellvertretende Reichsprotektor Reinhard Heydrich die theoretischen Zukunftsmöglichkeiten der Tschechenbehandlung in seiner Geheimrede zu hohen Funktionären der NSDAP am 2. 10. 1941. Nach ihm existieren diverse Gruppen: „Einige sind gutrassig und gutgesinnt, das ist ganz einfach, die können wir eindeutschen. Dann haben wir die anderen, das sind die Gegenpole: schlechtrassig und schlechtgesinnt. Diese Menschen muss ich hinausbringen. Im Osten ist viel Platz. Dann bleibt in der Mitte nun eine Mittelschicht, die ich genau durchprüfen muss. Da sind in dieser Schicht schlechtrassig Gutgesinnte und gutrassig Schlechtgesinnte. Bei den schlechtrassig Gutgesinnten - wird man es wahrscheinlich so machen müssen, dass man sie irgendwo im Reich oder irgendwie einsetzt und nun dafür sorgt, dass sie keine Kinder mehr kriegen, weil man sie in diesem Raum nicht weiter entwickeln will. Dann bleiben übrig die gutrassig Schlechtgesinnten. Das sind die gefährlichsten, denn das ist die gutrassige Führerschicht. Wir müssen hier überlegen, was wir bei diesen machen. Bei einem Teil der gutrassig Schlechtgesinnten wird nur eines übrig bleiben, dass wir versuchen, sie im Reich in einer rein deutschen Umgebung anzusiedeln, einzudeutschen und gesinnungsmäßig zu erziehen oder, wenn das nicht geht, sie endgültig an die Wand zu stellen“ Um den Teil der Rede zu abzumildern: „Aber nicht vor den Kopf stoßen! Es ist dies ja alles nur theoretisch gesehen!“ Die Rassenprüfungen, die Heydrich unter dem Vorwand der Prävention gegen Tuberkulose bei Jugendlichen anordnete, brachten hervor, dass die Tschechen im Durchschnitt viel nordischer als die Sudetendeutschen, die Ostpreußen und Teil der Österreicher und Bayern sind. Die Resultate hielt man geheim. Kontinuität Sie ist eine Rechtskonstruktion, die von einer ununterbrochenen Dauer der Beneš-Präsidentschaft ausgeht, trotz seiner rechtsgültigen Abdikation Anfang Oktober 1938 und der tschechoslowakischen Staatsmacht zu Beginn des Krieges mit Deutschland, nach den Vorgaben der Exilregierung vom 17. 9. 1938 (und mit Ungarn 10. 10. 1938). Angeblich wurden alle Rechtsakte nach diesem Datum mit Gewalt oder durch Gewaltandrohung erzwungen und seien deshalb ex tunc ungültig. Das ist ein Unsinn, der die Rückkehr Benešs auf den Präsidentenstuhl, die Aberkennung des Münchener Abkommens und die Handlungen der Protektoratsregierung ermöglichte, welches das eigentliche Hauptziel war. (www.sinagl.cz/deutsche-texte/der-tschechische-staat-steht-auf-verlogenen-staatsdoktrinen.html) Zpátky |